Wednesday, December 18, 2013

Peru und Bolivien - Immer die Anden entlang

Nach der Rückkehr aus Miami geht es mit dem Flieger über Quito und Lima nach Cusco in Peru. Dabei erwarten uns zunächst zwei fliegerische Highlights, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Beides jedoch sind – zumindest für mich – durchaus spannende Erlebnisse. Zunächst gibt es am Flughafen von Miami eine schöne Überraschung. Kurz vor dem Boarding zu unserem Flug nach Quito werden unsere Namen aufgerufen. Am Gate nimmt man uns unsere Tickets ab und tauscht diese in zwei neue Tickets, auf denen die Sitznummern 1d und 1e prangen. Wir haben soeben ein Upgrade in die Business Class von American Airlines erhalten – dank eines engen Freundes von Natalie und Fabrizio, der bei American Airlines in nicht unbedeutender Position arbeitet. Bei Gin Tonic, Knabberkram und Essen auf Porzellantellern genießen wir unseren leider nur recht kurzen Flug. Und nur unwillig richten wir unsere Sitze zum Essen aus der 180 Grad Position wieder auf.

Das zweite Highlight: Auf unserem Flug von Quito nach Lima – nun wieder in gewohnter Holzklassenumgebung – geben die Triebwerke unseres Fliegers auf einmal seltsame Töne von sich. Es klingt, als ob die Turbinen ins Leere feuern. Kurz darauf sackt das Flugzeug zwei Mal sekundenlang  ins Leere hinab. Die Stewardessen, die gerade mit dem Getränkeservice beschäftigt sind und diese Luftlöcher scheinbar haben kommen hören, können sich nur mit Mühe an den Sitzen und den Handgepäckfächern festklammern. Alles andere, was nicht niet und nagelfest ist, fliegt sofort an die Decke. Heißer Kaffee, Cola und Wasser ergießen sich auf die Passagiere. Auch wir sind pitschnass, noch ehe wir begreifen, was da eigentlich gerade passiert ist. Alles geht so schnell, dass jeder erstaunlich ruhig bleibt. Wer ein solches Erlebnis mal realistisch und solide nachstellen will, dem empfehle ich den Tower of Terror im Disneyland Paris. Danach geht der Flug wie gewohnt weiter und wir sind um die Erkenntnis reicher, dass sich Anschnallen im Flieger tatsächlich immer lohnt.

We like American Airlines
Cola an der Flugezeugdecke
Wohlbehalten, wenn auch mit Kaffeeflecken verschönert, erreichen wir Cusco. Die alte Inkahauptstadt auf 3.400 Metern mitten in den Anden ist Ausgangsort für die tausende Touristen, die sich von hier täglich zur eigentlichen Attraktion, der Inkaruine Machu Picchu, aufmachen. Aber auch Cusco selbst hat eine Menge zu bieten. Ähnlich zu Quito ist die Kolonialarchitektur der Spanier hier sehr schön erhalten. Als die Spanier Cusco 1533 erreichten, zerstörten sie in erprobter iberischer Konquistadorenart wie mit einer Dampfwalze alles Bebaute der Inkas und errichteten eigene Kirchen, Wohn- und Geschäftshäuser. Gold und Silber der Inkas wurden eingeschmolzen und nach Spanien gebracht. Heute gibt es nur noch wenige Mauern in Cusco, die von den Inkas gebaut wurden.

Breiter ging der Bürgersteig wirklich nicht
Natürlich darf der Pisco Sour nicht fehlen
Wir streifen ziellos durch die Stadt. Am ersten Abend unseres Aufenthaltes in Cusco werden wir Zeuge davon, dass Halloween auch außerhalb der USA gefeiert wird. Tausende Familien bevölkern mit ihren Kindern den zentralen Plaza de Armas. Die Juniors ziehen dabei auf ihrer Jagd nach Candy von Geschäft zu Geschäft und von Tourist zu Tourist. Ich als Deutscher bin völlig unschuldig. Nicole als Amerikanerin muss sich allerdings schon den Schuh anziehen, dass wir völlig unvorbereitet sind und den Kids leider nichts bieten können.

Volle Ladung Halloween
Cusco bei Nacht
Hühnchen, Meerschwein, Hund? Auf jeden Fall lecker
Hand- und Fußarbeit
Aber auch unser eigentliches Ziel sind natürlich die Inkaruinen von Machu Picchu. Ich hatte das Glück, bereits vor einigen Jahren schon mal dort sein zu können. Insofern weiß ich in etwa, was mich dort erwartet. Nicht erwartet habe ich jedoch die massiven Preissteigerungen seit damals. Selbst ohne jeglichen Luxus kostet der Ausflug nach Machu Picchu mittlerweile fast 200 Euro – und damit locker das Doppelte von dem, was es damals gekostet hat. Organisierte Touren sind noch einmal teurer. Am stärksten schlägt dabei der Zug von Cusco nach Machu Picchu zu Buche. Satte 119 US-Dollar verlangt man von uns für eine ca. 1 ½ stündige Fahrt pro Person. Peruaner fahren die gleiche Strecke übrigens für 2,50 Dollar. Nun habe ich nichts gegen unterschiedliche Preise für Einheimische und Ausländer. Die allgegenwärtige Armut in vielen Ländern Südamerikas rechtfertigt unterschiedliche Preise durchaus. Bei einem Aufschlag von fast dem Fünfzigfachen fühlen wir uns dennoch ausgenommen. Jegliches Maß scheint verloren gegangen zu sein. Europäer und Amerikaner sind per sé die reichen Ausländer – ob goldbehangene Pensionärin oder armer Backpacker spielt dabei keine Rolle. Entsprechend steigen die Preise von Jahr zu Jahr scheinbar ins Unermessliche.

Da stehen unsere 119 Dollar pro Person
Die Begleiterscheinungen sollen jedoch das Erlebnis Machu Picchu nicht trüben. Dieser Ort hat eine ganz eigene Energie. 1911 wiederentdeckt können Touristen heute rund 200 recht gut erhaltende Gebäude und rund 3.000 Terrassen hoch über dem Tal des Flusses Urubamba besichtigen. Sobald man die Stadt betritt wird man automatisch ruhiger und andächtiger. Staunend sitzt man stundenlang auf den Terrassen und genießt das Panorama. Insbesondere morgens, wenn noch Nebel und Wolken durch die Anlage ziehen und oft nur für wenige Sekunden einen Blick auf die Häuser und Plätze freigeben, wirkt dieser Ort mystisch.

Im Nebel nähern wir uns Machu Picchu
Wer schaut am Lustigsten?
Nic beim Quatsch machen


Natürlich schießen wir viel zu viele Fotos – ebenso wie in der Folge auch auf unseren Ausflügen auf den Titicacasee zwischen Peru und Bolivien – mit rund 3.800 Metern Wasserlinie der höchste See der Erde – und der Salzwüste von Uyuni im Süden von Bolivien. Diese Orte für sich lohnen jede Strapaze der Anreise. Der Moment, wenn man meint, die Wolken über dem Titicacasee berühren zu können oder sich die Blicke in der gleißenden und endlosen Weite des Salzes in Uyuni verlieren, sind unvergesslich.

Abends noch Regen über Titicaca
Am Morgen aber schön
... und kühl
Auf der Isla del Sol
Kinder lesen uns ihre Hausaufgaben vor
Auf nach Uyuni
Fähre Bolivian Style
Nic wieder beim Quatsch machen
Über der Salzwüste
Und wieder Quatsch machen
Hartes Shooting
Auf 5.000 Meter
Kein Platz zum Landen?
Ein Berliner und ein Bayer kauen viel Coca
Die lustige Uyunitruppe
Und Michael Jackson lebt doch
Ein Berliner und ein Bayer trinken Bier im Hotpool
Dennoch verlassen wir Peru und Bolivien bereits nach rund zwei Wochen und das durchaus mit gemischten Gefühlen. Denn so recht wohl fühlen wir uns nicht. Städte und Dörfer sind zum Teil unfassbar hässlich. Wenn es einen der häufigen Regenschauer gibt, gleichen die Dörfer einem Morast. Es dominiert die Farbe braun der unzähligen Lehmhütten und der rotbraunen Ziegelsteine der meisten Häuser. Uns bedrückt vor allem die Gegend um den Titicacasee, in der die tristen Städte und Dörfer in krassem Gegensatz zur Schönheit des Sees stehen. Zudem findet klimabedingt und etwa im Unterschied zu Asien so gut wie kein Leben auf der Straße statt. Es wirkt, als wollten die Leute so schnell wie möglich wieder in ihre Häuser kommen.

Viel schwerer wiegt jedoch, dass wir nur selten das Gefühl haben, Gast zu sein. Die Menschen eilen an einem vorbei. Es wird kaum gelacht. In erster Linie fühlen wir uns als Wirtschaftsgut. Ausländische Touristen dienen dazu, Geld ins Land zu bringen. Und tatsächlich scheint der stetige Strom an Touristen diese Einstellung der Menschen zu bestärken. Nur selten haben wir das Gefühl, dass die Menschen daran interessiert wären, sich und ihr Land von der gastfreundlichen Seite zu präsentieren. Geschweige denn, dass es in Peru und Bolivien Interesse an unserer Person oder Herkunft gibt. Wir werden Zeuge, dass Touristen an der Grenze vom Bus einfach zurückgelassen werden, weil die Grenzkontrolle zu lange dauert. Wer sich daraufhin beschwert, wird noch im Bus bedroht oder im besten Fall belächelt. Gerade auf den Busreisen durch beide Länder bemühen sich Busfahrer und Agenturmitarbeiter aufrichtig, dem Touristen zu zeigen, dass man ein Gut ist, das notgedrungen transportiert werden muss.

Keineswegs wollen wir nun jedoch über diese Länder richten. Wie fast alle sind wir wegen der Sehenswürdigkeiten wie Machu Picchu, dem Titicacasee oder der Salar de Uyuni gekommen. Damit sind wir notgedrungen im Tourismusapparat dieser Länder gefangen und haben sprachbedingt nur wenig Kontakt zu den ‚echten‘ Menschen. So existieren Einheimische und Touristen ausschließlich nebeneinander. Das bedauern wir sehr, weil unser Urteil mit Sicherheit der Mehrheit der Menschen nicht gerecht wird. Wir fragen uns oft, ob wir zu streng urteilen. Denn natürlich gibt es auch schöne Ausnahmen. Ein Peruaner kommt mit uns ins Gespräch, weil er vor einigen Jahren eine Zeit lang in Darmstadt gelebt hat und uns deutsch sprechen hört. Ein anderer Peruaner sieht uns in Cusco hilflos auf der Suche nach einem Kleinbus durch die Straßen ziehen und führt uns ganz selbstlos zur gesuchten Straße. Dennoch machen wir leider häufiger die Erfahrung, dass Freundlichkeit Fehlanzeige ist. Daher beschließen wir, unsere Reise in beiden Ländern etwas zu beschleunigen und schneller als ursprünglich geplant wieder nach Chile zu kommen. So überqueren wir am Ende unser Salar de Uyuni Tour wieder die Grenze nach Chile und entspannen uns in San Pedro de Atacama für ein paar Tage vom hektischen Reiserhythmus der vergangenen Wochen, bevor unsere lange Reise durch Chile nach Patagonien beginnt.

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