Sunday, April 20, 2014

Tango, Steak und Rotwein - bis zum Ende


Mit schmerzendem Körper, aber noch immer ganz glücklich über unseren Trip in den Torres del Paine Nationalpark besteigen wir den Bus nach Argentinien. Unser Ziel ist die Stadt El Calafate, Ausgangspunkt aller touristischen Aktivitäten im argentinischen Teil von Patagonien. Wir überqueren wieder einmal eine Grenze. Und die Erfahrung ist nicht so großartig anders, als vor wenigen Wochen zwischen Bolivien und Chile. Auch die Grenze zwischen Chile und Argentinien ist hier an einem der südlichsten Punkte der Erde nicht mehr als eine angedeutete Grenze. Mitten im Nirgendwo steht ein einsames Grenzhäuschen, in dem gelangweilte Beamte – diesmal aus beiden Ländern – ihrem Job nachgehen. Nachdem Nic nachgewiesen hat, als brave Amerikanerin bereits online 136 Dollar Eintrittsgebühr gezahlt zu haben, erhalten wir unsere argentinischen Stempel und setzen unsere Reise fort.
Bereits im Bus lernen wir einen Schweden kennen, der seine argentinischen Pesos zählt. Wir, die wir noch nicht wissen, wie und wo man in Argentinien schwarz Geld tauscht, löchern ihn mit Fragen, die er uns gerne beantwortet. Kurz danach tauschen wir mit ihm unser erstes argentinisches Schwarzgeld und erhalten auch wertvolle Tipps, wo dies in Buenos Aires möglich sein wird.
Wer dieser Tage nach Argentinien reist sollte wissen, dass das Land eine weitere schwere Wirtschafts- und Finanzkrise durchmacht. Der Peso ist im freien Fall und verliert fast täglich an Wert. Die Argentinier versuchen daher, ihr Vermögen in den vermeintlich sicheren Dollar zu retten. Um dieser Kapitalflucht Einhalt zu gebieten, machte es die argentinische Regierung unter Cristina Fernandez Kirchner auf dem offiziellen Weg unmöglich an Dollar zu kommen. Und so sind die Argentinier sehr erpicht darauf, an anderer Stelle Dollar zu bekommen. Neben dem offiziellen Wechselkurs, der natürlich an den Automaten gilt, hat sich ein inoffizieller Parallelkurs entwickelt, mit dem schwarz von Privat zu Privat getauscht wird.
Ohne Benjamin Franklin geht in Argentinien nichts
Ergebnis: Nahezu jeder ausländische Tourist fährt mit teilweise unvernünftigen Mengen an Dollarnoten durch das Land und tauscht schwarz bzw. ‚blau’. Denn die Parallelwährung ist als Blue Dollar bekannt. Eins der wichtigsten Themen unter Touristen sind daher die aktuellen inoffiziellen Wechselkurse und mögliche Orte, an denen es den besten Kurs gibt. Wir haben uns zwar in Miami und auch in Peru mit Dollar eingedeckt. Dennoch erkennen wir bereits bei der Einreise, dass das für die kommenden fünf Wochen in Argentinien nicht reichen wird. Daher entscheiden wir uns kurzfristig, noch mal einen kurzen Abstecher nach Uruguay einzulegen, denn als Ausländer erhalten wir hier am Automaten auch 100 Dollarnoten, die wir in Buenos Aires wieder in Pesos umtauschen können.
Zur Zeit unserer Einreise liegt der offizielle Kurs vom Dollar zum Peso bei 1:5,8. Inoffiziell erhalten wir in unserer ersten argentinischen Stadt El Calafate in einer Reiseagentur am Busbahnhof schon 8,3 und später in Buenos Aires in dem vom freundlichen Schweden empfohlenen Goldgeschäft bis zu zehn Pesos für einen Dollar. Was das ausmacht? Nun ein Steak kostet so nicht fünf sondern drei und eine Busfahrt über Nacht nicht 120 sondern nur noch 70-80 Dollar. Gerade die recht teuren Transportkosten in Argentinien können wir so etwas minimieren.Dennoch bleibt jedes Mal das ungute Gefühl, etwas Illegales zu tun und womöglich beim Umtausch übers Ohr gehauen zu werden. Glücklicherweise geht immer alles gut.
Nach El Calafate sind wir vor allem wegen des weltberühmten Gletschers Perito Moreno gekommen. Stündlich verlassen organisierte und öffentliche Busse die Stadt in Richtung des Gletschers, der sich in den Lago Argentino fräst und vor allem in den Abendstunden unter lautem Getöse sein Eis krachend in den See verliert. Wir sind mal wieder verzaubert und verbringen mit den anderen Touristen Stunden an der blau schimmernden Gletscherzunge. Wenn wieder das typische Knacken und Krachen in der sonst unheimlichen Stille zu hören ist, versuchen wir, die Kamera zu zücken und Filme vom Schauspiel zu machen. Und natürlich haben wir nach unserer Rückkehr wie immer viel zu viele Fotos und Filme. 
Majestätisch - der Perito Moreno
Und ständig kracht das Eis
Fröhlich am Lago Argentino
An unserem ersten argentinischen Abend aber probieren wir erst einmal das, wofür man ja eigentlich nach Argentinien kommt - ein erstklassiges Steak und einen brombeerblauen Malbec Rotwein. Später sagt Nicole, sie konnte das Gewese um Argentinische Steaks nie verstehen. Nach ihrem ersten Bissen in ihr Filet jedoch verzieht sich ihr Gesicht in einen Ausdruck höchster Zufriedenheit. Wir schwören uns, künftig in Deutschland zwar weniger Fleisch zu essen, uns aber dafür einmal monatlich ein sündhaft teures Stück Rind zu grillen – so wie die Grillmeister in Argentinien. 
Und da ist es, das erste Steak
Ein Übernachtbus bringt uns in rund 24 Stunden nach Bariloche. Wir haben uns sehr kurzfristig dazu entschieden, nicht an die Atlantikküste sondern ins Argentinische Seengebiet zu fahren. Ich war bereits von über sieben Jahren hier und habe die Zeit sehr genossen. Und wie es der Zufall so will, treffen wir zufällig Kai in unserem Hostel wieder sowie auch Kim-Mai aus München, mit der wir durch den Torres del Paine Nationalpark gewandert sind. 
Unser Hostel in Bariloche - von außen wenig schön
... aber mit gigantischem Ausblick
Und schwups trifft man bekannte Gesichter.
Hier streifen wir durch die tolle Seen- und Berglandschaft, genießen die Aussicht von unserem Hostel in der 11 Etage und essen natürlich weitere unfassbar gute Steaks, bevor wir nach einigen Tagen Kai wieder verlassen, um nach Uruguay weiterzufahren. Unser Ziel: Dollar besorgen, am Strand von Punta del Este den Jetset beobachten und das Strandleben genießen. Die Trennung von Kai ist jedoch nur kurz. Denn nach wenigen Tagen in Montevideo, Punta del Este und der historisch bedeutenden Schmugglerstadt Colonia kehren wir über den Rio de la Plata wieder nach Buenos Aires und damit nach Argentinien zurück.
Ständiger Begleiter in Argentinien und Uruguay - Mate
Ab geht´s nach Uruguay
Punta del Este
Und wir mal wieder fröhlich
Warum ne Terrasse, wenn auch ein Pool geht
Altes Piratenstädtchen Colonia
In Buenos Aires beziehen wir unsere bereits Wochen vorher reservierte Wohnung im Stadtteil Palermo Soho. Palermo ist in etwa das, was in Berlin der Prenzlauer Berg, in München Schwabing oder in Hamburg Altona ist. Ein Stadtteil, in dem vor allem Kreative, junge Familien, Studenten und viele Selbständige wohnen. Die Dichte an guten Restaurants, Bars, coolen Klamottenläden und natürlich auch Hipstern ist entsprechend groß. Und nun beginnt eine Zeit des ausgelassenen Feierns, des Zeitvergessens und des Freundetreffens. Greg und Robert aus Australien, die wir in Peru kennengelernt haben, haben über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage ebenfalls eine Wohnung in Buenos Aires angemietet. Aus München reisen Sandra und Schusti an. Aus Berlin kommt Roman, der Buenos Aires wie seine Westentasche kennt. Und nachdem Kai zum neuen Jahr wieder nach Berlin aufbricht, besucht uns Liz aus Philly. Waren wir vorher fünf Monate weitestgehend alleine unterwegs, haben wir jetzt rund um die Uhr gute Freunde und die Familie um uns, mit denen wir von früh bis abends Buenos Aires unsicher machen. 
Und endlich Buenos Aires
Ohne Baum geht es auch hier nicht
Don´t cry for me Argentina
Quatsch machen in der Casa Rosada
Weihnachten feiern wir bei 40 Grad im Pool und unter der Klimaanlage. Trotzdem gibt es natürlich traditionell Bockwurst mit Kartoffelsalat und am ersten Weihnachtsfeiertag Gans mit Rotkohl und Kartoffelbrei. Nur dass sich beim Nachschlagen im Wörterbuch herausstellt, dass die Gänsekeulen eigentlich Lammkeulen sind. Es ist trotzdem lecker. Wir besuchen eine Tangoshow, schwingen selbst das Tanzbein, schauen uns Schwanensee im gigantischen Teatro Colon an, arbeiten die notwendigen Sehenswürdigkeiten ab und verbringen die Abende natürlich wieder bei Steak und Malbec. Morgens, bevor die Sonne unerträglich wird, tun wir etwas für die Fitness und fangen wieder zu Joggen an.
Und dann wieder ab auf´s Dach in den Pool
Und da war der Weihnachtsmann da
Das Lamm, das eine Gans sein sollte
Da wird selbst unsere Hüfte weich
Mit den Schustis beim Ballett
... im großartigen Teatro Colon
Und wieder ab auf´s Dach, diesmal mit allen
Und da Baden hungrig macht, ...
gibt´s mal wieder Steak
Gefolgt von Eis
Silvesterhimmel über Buenos Aires
Wir können uns gar nicht umschauen, wie schnell die Zeit vergeht und wir Anfang Januar unsere liebgewonnene Wohnung wieder verlassen müssen, um mit Liz in Richtung Chile aufzubrechen. Natürlich nicht, ohne vorher die atemberaubenden Wasserfälle von Iguazu und die Weinregion um Mendoza ausgiebig auszukosten.  Zwei Hostels und viele Eindrücke reicher überqueren wir fünf Wochen nach unserer Einreise erneut die Anden und reisen nun schon zum dritten Mal nach Chile ein. Es geht zurück in unsere heimliche Heimatstadt dieser Reise – Santiago de Chile. 
Und dann kam Liz
Iguazu Wasserfälle
Am Teufelsschlund
Malbec, Malbec, Malbec in Mendoza
Die sind noch nicht ganz reif
Und wer nicht mehr laufen kann, muss fahren.
Vorher jedoch schauen wir uns noch Vina del Mar und die malerische Hafenstadt Valparaiso an. Ein Kochkurs in Valparaiso bringt uns der chilenischen Küche näher und Liz dem Kochlehrer. Nach drei Tagen am Pazifik beziehen wir in Santiago ein letztes Mal eine Wohnung. Greg und Robert, unser australisches Lieblingspärchen, kommen uns zu Ehren auch extra eher nach Santiago. Und auch Vladimir, der chilenische Koch, reist nun schwer verliebt nach. Während sich Liz und Vladimir ein Hotelzimmer nehmen, genießen wir unsere Maisonettewohnung mit traumhaftem Ausblick ganz allein. Morgens, wenn wir erwachen, können wir durch unsere Panoramafenster die Sonne über den Anden aufgehen sehen. Wir sortieren noch einmal unsere Klamotten, schmeißen die Hälfte davon weg und ziehen mit unserer lustigen Reisegruppe um die Häuser. Am letzten Abend verabschieden wir Liz und Vladimir zum Flughafen und gehen mit Greg und Rob ein leztes Mal – diesmal peruanisch – essen. Wir lachen viel, erzählen uns die Reisegeschichten der vergangenen sieben Monate und versprechen uns, uns eines Tages gegenseitig zu besuchen. Schöner kann die Reise nicht zu Ende gehen. Am 18. Januar hebt unser Flugzeug von Santiago ab und bringt uns über Madrid und London wieder nach Berlin, wo vor 200 Tagen unsere Traumreise um die Welt begann. 
Mal wieder in Chile, in Valparaiso
Einkaufen am Markt
Und dann alles verkochen
Natürlich wenig seriös
Was macht der Koch im Bild?
Mehr braucht Frau nicht für 200 Tage
Und Mann auch nicht
Zum Abschied ein toller Sonnenaufgang
Irgendwann ist halt leider Schluss
Aber es war sicher nicht das letzte Mal