Lange Zeit Trübsal blasen wir nach dem Abschied aus
Australien natürlich nicht. Denn es geht nach Neuseeland. Es gibt wahrlich
schlimmere Ziele für eine Weltreise. Natürlich freuen wir uns auf die
Doppelinsel. Und wir sollen nicht enttäuscht werden. Das Land alleine bietet
Erlebnisse genug, um eine ganze Weltreise zu füllen. Wir haben allerdings nur
drei Wochen und die wollen wir zum Großteil mit einem Wohnmobil durch
Neuseeland touren.
|
Da freut sich jemand auf Auckland |
|
Auckland bei Nacht |
|
Erstes Abendessen bei Dave und Rach |
Die ersten Tage jedoch verbringen wir wiederum bei Freunden. David und Rachel nehmen
uns in ihr Haus in Auckland auf, geben uns hilfreiche Tipps für die kommende
Reise und statten uns zudem mit einem warmen Schlafsack aus. Wie wichtig dieser
wird, merken wir bereits wenige Tage später auf der Südinsel Neuseelands. Denn
Anfang September ist es in Neuseeland durchaus noch bitterkalt und die Berge
tief verschneit. Entsprechend frisch sind die ersten Nächte in unserem Auto.
Neuseeland ist das Land für Outdoorfans und Naturliebhaber.
Beides ist bei uns in Maßen ausgeprägt. Wir sind halt Städter. Doch wir bemühen
uns in den drei Wochen redlich, Outdoorhosen und Schuhe zumindest etwas
auszuführen. Wer nach Neuseeland fährt, um Städte zu erleben, ist hier ganz
klar falsch. Selbst die größte Stadt, Auckland, ist nicht viel mehr als eine
Ansammlung von mal mehr und mal weniger netten Vororten. Oft haben wir das
Gefühl in einer englischen Kleinstadt zu
sein. Unvermittelt gehen die Vororte in ein vergleichsweise kleines zentrales
Business District über, das architektonisch nicht groß der Rede wert ist. Auckland
nun aber als langweilig abzutun, wäre auch falsch. Die Stadt bietet
durchaus eine interessante Gastronomieszene, tolle Parks und nette Menschen,
auch wenn uns Wellington deutlich besser gefällt. Auckland lebt vor allem am
und vom Wasser. Die Bewohner sind verrückt nach Booten und unterhalten sich
über den letzten Bootkauf so wie Deutsche über ihren letzten Kleinwagen. Von
den umliegenden erkalteten Vulkanen bieten sich traumhafte Ausblicke auf die
Buchten und die tausenden Segel- oder Motorboote von Auckland. Von Auckland
fliegen wir nach Christchurch auf die Südinsel, wo wir unseren Campervan
abholen.
|
Auf nach Christchurch - über der Golden Bay |
|
Campervan Brit |
Auch mir war bekannt, dass es 2010 in Christchurch ein
Erdbeben sowie zwei Nachbeben gab. Das Ausmaß der Zerstörung ist jedoch auch
für mich schockierend und ich wage zu behaupten, dass darüber in Deutschland
nur wenige Menschen wirklich Bescheid wissen. Ganze Viertel in der Innenstadt sind
zerstört worden und wurden mittlerweile dem Erdboden gleichgemacht. Unklare
Versicherungsverhältnisse und ein fehlender Masterplan lähmen zudem den
Wideraufbau. Das Ergebnis ist eine relativ trostlose Atmosphäre. Alte Läden oder Bars stehen leer. Zum Teil ist das Mobiliar noch vorhanden, als könnte es morgen weitergehen. Zwar bemühen
sich die Bewohner die Innenstadt wiederzubeleben – etwa durch ungewöhnliche
temporäre Nutzungen wie der Containercity – insgesamt aber verlassen wir die
Stadt nach zwei Tagen mit einem deprimierten Gefühl.
|
Reste der Christ Church Cathedral |
|
Neues Shoppingcenter Containercity |
Unser Weg führt zunächst nach Süden Richtung Queenstown, um später wieder in
Richtung Norden, mit der Fähre auf die Nordinsel und schließlich wieder
nach Auckland zu gelangen. Langsam
bessert sich auch wieder unsere Stimmung, woran nicht zuletzt die
atemberaubende Landschaft der Südinsel Neuseelands seinen Anteil hat. Wohl
nirgends sonst auf der Welt kann man auf so engem Raum so viele
Naturschönheiten sehen. Schneebedeckte Berge wechseln sich mit türkisfarbenen
Seen, beeindruckenden Wasserfällen und malerischen Stränden ab.
Unser Campervan, den ich aufgrund der Freundlichkeit des
Neuseeländers im Allgemeinen und der Freundlichkeit unseres Vermieters im
Speziellen sogar ohne Führerschein fahren darf, nennen wir Brit. (Irgendwo in China habe ich wohl meinen Führerschein verloren.) Der Name steht
zum einen neuseeländisch für Bret – denn im neuseeländischen Englisch wird das
‚E‘ zum ‚I‘. Zum anderen heißt unsere Vermietfirma Britz. Nicole, die
angesichts meines fehlenden Führerschein etwas häufiger fährt als ich, ist der
Captain of the Road. Insgesamt fahren wir mit Brit in den drei Wochen in
Neuseeland 3800 Km durch atemberaubende Landschaften. Selbst stundenlange Fahrten
und scheinbar menschenleere Landstraßen werden so nie langweilig. Immer wieder halten
wir an und unterbrechen die Fahrt für kurze Schnappschüsse.
|
Mount Cook |
|
Am Lake Tekapo |
Während wir am Tag in der Regel auf der Straße sind oder
Ausflüge unternehmen, verbringen wir die Abende in unserem Campervan auf einem
der unzähligen Campingplätze Neuseelands. Es ist ein Leben auf engstem Raum und
natürlich auch eine spannende Probe für die Beziehung. Denn Hand aufs Herz, wie
lange sieht und spricht man sonst im Alltag seinen Partner. Wir können
mittlerweile mit Recht behaupten, in kurzer Zeit so viel Zeit miteinander
verbracht zu haben wie manche Paare in Jahren. Dennoch freuen wir uns natürlich,
wenn wir auf den Campgrounds auf andere Pärchen treffen, mit denen man am Abend
zusammen kocht und im Campervan die eine oder andere Flasche aufmacht.
|
New friends - Chris und Sarah aus Washington (state) |
Ständiger Begleiter in Neuseeland ist die Angst ums Budget.
Denn zugegebenermaßen ist ein Land für Neuseeland alles andere als geeignet, um
kostengünstig um die Welt zu reisen. Am Ende geben wir pro Tag ca. das Doppelte
der geplanten Tagessumme aus und trösten uns mit dem Gedanken, dass Südamerika
wieder günstiger wird. Ab und zu gönnen wir uns dennoch eine der sündhaft
teuren Aktivitäten, die Neuseeland zu bieten hat. So fahre ich in Queenstown
mit dem Shotoverjet – einem kleinen und wendigen Speedboat, das der Fahrer millimetergenau
durch enge Schluchten prügelt. Nur wenige Zentimeter liegen dabei zwischen
Bordwand und Felsen. Vertrauen ist dabei alles. Denn eine Sekunde zu spät
gelenkt und schon knallen Boot und Insassen mit 50-80 kmh gegen die Felsen.
Wir unternehmen einen Ausflug in den traumhaft schönen Milford
Sound an der Westküste der Südinsel und überqueren auf dem Weg dahin tief verschneite
Passhöhen. In Kaikoura erleben wir unvergessliche Stunden und schwimmen mit
Delfinen im siebenhundert Meter tiefen und unfassbar kalten Ozean. Die Delfine
schwimmen dabei Auge in Auge an einem vorbei. Wenn man es schafft, das Tempo
mitzugehen, drehen sie sogar minutenlang ihre Kreise um einen herum. Nicole
besucht das Hobbiton Movie Set und gemeinsam laufen wir durch die Geysire und
Schwefelfontänen in Stinkytown Rotorua. Wenn möglich, streifen wir unsere
Outdoorklamotten über und tun so, als würden wir ernsthafte Wanderungen – auf
Neuseeländisch übrigens Tramps genannt – unternehmen.
|
Lugeabfahrt in Queenstown |
|
Im Milford Sound |
|
Mirror Lakes bei Milford |
|
Nach unserem Delfinschwimmen in Kaikoura |
|
Abschied von der Südinsel |
|
Schwefelquellen und Geysire in Rotorua |
Eine ganz besondere Unterbrechung der Reise für mich ist ein
Brautag in einer kleinen Brauerei im Norden der Südinsel. Ein
englisch-neuseeländisches Paar hat sich hier seinen Lebenstraum erfüllt und eine
Mikrobrauerei gekauft. Nachdem wir eigentlich nur mal kurz anhalten, um ein
Bier zu kaufen, bietet mir der Besitzer Simon an, gemeinsam mit ihm einen Tag
zu brauen. An dieser Stelle nochmal ein riesen Dank für diese Möglichkeit.
|
Nicki und Simon von The Hop Federation |
Nach drei Wochen geht unsere so ganz andere Zeit in
Neuseeland zu Ende. Das Land hat uns verzaubert. Die Art zu Reisen –
selbstbestimmt in einem Campervan – unterschied sich so deutlich von der Zeit vorher
und mit Sicherheit auch der nach Neuseeland. Zumindest ich habe an einem wenn
auch nur kurzen Reisen im Wohnmobil durchaus Gefallen gefunden.
Die letzten Tag verbringen wir noch einmal bei Rach und
David in Auckland und lassen bei BBQ und zu viel Wein die vergangenen
Erlebnisse Revue passieren. Wir werden zu Davids Eltern zum Abendessen
eingeladen und streifen bei nun deutlich besserem Wetter als drei Wochen zuvor
durch Auckland. Und nun entdecken wir tatsächlich auch die schönen Ecken der
Stadt. Neuseeland hat es einem einfach gemacht, zu reisen und unvergessliche
Eindrücke zu gewinnen. Nun geht es nach Südamerika – ein neues und mit
Sicherheit anderes Abenteuer.
|
Abschied von Auckland |
No comments:
Post a Comment